Heute, da in der Stadt Rom Hunderttausende
die Straßen verstopfen, um dem heimgegangenen Heiligen Vater
die letzte Ehre zu erweisen, heute hast Du Deinen Geburtstag. Nicht
Deinen wahren, ich weiß. Aber es ist der Tag, an dem Du zu uns
kamst. Es ist der Tag, an dessen Abend die Sonne aufging. Es wurde
hell mit Deinem Erscheinen – denn ein Engel Gottes kam unter
unser Dach.
Deine Güte, Deine Liebe und Dein völliges Erfüllen
der Gebote, die Dein Gott Dir mit auf Deinen Lebensweg gab, ohne daß
Du auch nur im Mindesten irgendeiner überspannten Frömmigkeit
aufgesessen wärst – das alles brachte uns Dein Licht in
unsere Seelen. Wie ein Leuchtturm über stürmischem und dunklem
Meer leuchtet es uns seither und weist uns den Weg, wie auch wir die
Tage, die uns noch bleiben, in einer größeren Zufriedenheit
des Herzens leben können. Du vollbrachtest das Wunder, Blumen
an der Stelle blühen zu lassen, die durch die unerhörte
Wucht einer nuklearen Explosion für alle Ewigkeit verseucht schienen.
Ist das nicht das Werk einer Heiligen?
Ich weiß, ich weiß. Niemals wird Dich der katholische
oder orthodoxe Kanon berücksichtigen, und selbst die Buddhisten,
die von allen Nackten Affen Deinen Wert noch am ehesten würden
schätzen können, werden Dich nicht zu einer Gottheit erheben,
kleine Fee. (Außer die Inder: Die haben Dir einen ganzen Tempel
erbaut. Das lohne ihnen der Herrgott und alle Bewohner ihres hinduistischen
Elysiums.)
Aber was macht das schon? Der Gott, der uns beide schuf, urteilt nach
anderen Werten. Vor IHM ist die Dominanz, die sich der Nackte Raubaffe
selbst anmaßt, weil Deine Mitgeschöpfe klug genug sind,
ihm nicht zu widersprechen, ein lauer Windhauch. Wenn die verkommene
Kreatur das Maul halten muß vor SEINEM Gerichte, dann wird Dein
Stimmchen sich erheben. Und es wird mehr Macht in seinem zarten Wispern
liegen, als das Gebrüll aller Raubaffen, die je diesen Planeten
verseucht haben. Ihm, nicht denen, wird der HERR zuhören, Deiner
Stimme und der aller Deiner Mitgeschöpfe, die SEINEN Willen taten
und dennoch unverdient und furchtbar zu leiden hatten durch die Kinder
Adams und Evas.
Und ich weiß, daß ich dann bei Dir Schutz finden werde,
so wie ich mir Zeit Deines kurzen Lebens alle Mühe gegeben habe,
Dich zu schützen.
Nun aber möge Deine Seele der Obhut der Schönen Dame vom
Nil anempfohlen sein. Sie, die Deine letzten schweren Tage und Nächte
bewachte, wird auch weiterhin ihre weiche und doch so mächtige
Hand über Dich halten.
In unseren Gedanken aber werden Deine kleinen, so unendlich tiefen
Äugelchen weiterleuchten durch alle Finsternisse, die uns noch
auf unserer Lebensreise begegnen werden.